Tag 6
Do 28.5.2015
Die letzten 82 Kilometer bis zur Rhône - Teil I
Heute geht es weiter Richtung Süden. Das Wetter verspricht ein heißer
Tag zu werden. Unsere Nachbarn sind bereits kurz nach 8°° Uhr
aufgebrochen, wir haben noch etwas die Ruhe genossen und den Kaffee oben
an Deck getrunken.
Der Token für die Hafentüren wurde später in der Capitainerie abgegeben
und dann haben auch wir uns auf den Weg gemacht.
An den alten Ufermauern wurden in den vergangenen Jahren außen Stege als
Fußgängerwege angebracht, so können die Passanten unten am Fluss entlang
laufen und brauchen nicht oben neben der verkehrsreichen Autostraße lang
laufen.
Eigentlich eine gute Idee, nur fehlt hier etwas Blumenschmuck, um die
Optik zu verbessern.
Ich habe dem Maire bereits geschrieben . . .
Obwohl die Umfahrung der Berufsschiffe eine längere Strecke war, hatte
uns das Frachtschiff am Ende der Umfahrung eingeholt.
Mein Problem : es folgen zwei Brücken, und ich wollte mit dem Pott
zusammen nicht in einen Brückenbogen fahren, das war mir zu eng.
Die erste Brücke konnte ich noch rechtzeitig durchfahren, danach kam die
Einfahrt zu dem Handelshafen, hier ließ ich das Schiff vor der nächsten
Brücke passieren, die nur zwei drei hundert Meter darauf kam.
Zur Belohnung ist die ANDRE-MICHEL sehr sanft an uns vorbeigegangen und
hat erst wesentlich später wieder Fahrt aufgenommen.
Unter der nächsten Brücke drehte das Schiff vor uns auch schon in die
kommende Biegung ein, das hätte mir bei der Durchfahrt noch mehr Platz
dort genommen.
War schon eine gute Entscheidung und hat nichts mit Angst sondern mit
Respekt zu tun.
Und immer wieder konnte man in den Bäumen am Uferbereich Storchennester
mit Jungvögeln sehen.
Davon konnte man nicht genug sehen.
Lange Strecken kamen dazu, in der der Verlauf der Saône ziemlich gerade
verlief.
Durch das gutmütige Verhalten der INGRINE hatte der Steuermann Zeit
dazu, oben an Deck die Sonne zu genießen.
Aber man sollte immer das Auge voraus haben, damit man nicht von etwas
großem Überrascht wird.
Die Frachtschiffe, denen wir begegneten, fuhren deutlich humaner als die
Mumientransporter.
Ebenso wurde man fast immer von den Beruflern gegrüßt, was einem bei der
weißen Flotte seltener passierte.
Über Funk kam dann die Erlösung für das wartende Schiff, es durfte nach
der Andre-Michel in die Schleuse einfahren.
Da wir genau zum richtigen Zeitpunkt dort eintrafen galt diese Einladung
auch für uns.
Das hatte ich unbeabsichtigt gut getimed und so wurden wir zusammen mit
dem Kümo geschleust.
Aber das darf man nicht als Präzedenzfall für immer so sehen, wie wir
aus den vielen verschiedenen Schleusungen ja selber wissen.
Wir warteten mit der OLIMAR zusammen ab, bis der Frachter aus der
Schleuse auslief, erst danach machten wir uns abfahrbereit.
Unterhalb der alten Schleuse von Dracé war bei PK 59,5 ein schöner neuer
Haltepunkt angelegt worden.
Dort machten wir Stopp und legten eine Mittagspause ein.
Es war ja nun fast 12°°, also eine perfekte Zeit dafür.
Und die Sonne brannte ganz gut vom Himmel herunter, da war uns eine Pause
willkommen.
Nach der Mittagspause ging es um 13°° weiter.
Eine gute halbe Stunde später passierten wir den Anleger von Belleville,
der allerdings gesperrt war.
Von der Stadt selber konnte man nichts sehen, da zwischen Saône und der
Stadt noch die Autobahn Richtung Süden verlief.
Ich hatte mir im Vorfeld mehrere Haltepunkte zum Übernachten ausgesucht,
wovon Belleville zuerst kommend bereits ausgeschieden war.
Wenige Kilometer weiter auf unser Fahrt kamen wir nach
Montmerle-sur-Saône, das einen wesentlich einladenderen Eindruck machte.
Die Füße wurden hochgelegt und dann konnte man die Schiffe zählen, die
hier an unserem Liegeplatz vorbeirauschten.
Mal ein Frachter zu Tal . . .
Und wenn es dicke kam kreuzte ein Frachter ein Hotelschiff, alles vor unserer
Haustüre.
War schon beeindruckend, wie viel Verkehr es auf dem Wasser gab, das war
deutlich mehr als oberhalb bei Chalon.
Am Abend fuhr ein Polizeiauto vor und der Gemeindepolizist kam zu uns an
den Steg, um das Liegegeld zu kassieren.
10 € für Boot, Strom und Wasser war angemessen, wie wir fanden.
Danach ging es in den Ort, um uns das Städtchen etwas anzusehen.
An einer Hauswand entdeckten wir auf gut zwei Metern Höhe eine
Hochwassermarke von 1840.
So sieht sie eigentlich nicht baufällig aus.
Ab er wer weis, wie es um die Statik gestellt war.
Ein kleiner Dorfbrunnen mit einer alten Barke, leider war das Wasser
hier abgestellt.
Tag 7
Fr 29.5.2015
Die letzten 52 Kilometer bis zur Rhône - Teil II
6:15 , die Nacht ist vorbei.
Supersonnenurlaubswetter begrüßte uns am Freitagmorgen.
Heute wollten wir den Rest der Strecke fahren und in Lyon ankommen.
Am Morgen kamen wir auch erneut ins Gespräch mit der Crew der OLIMAR,
die das selbe Tagesziel wie wir hatten.
Schwuppdiwupp und wir verabredeten uns zu einer gemeinsamen Weiterfahrt.
Die OLIMAR ging genau wie wir auch mit etwa zehn Stundenkilometern zu
Tal, das Tempo konnte ich gut mithalten und war bei 1800 Umdrehungen gut
zu fahren, ich wollte die INGRINE ja nicht quälen.
Immer und immer wieder gab es an der Strecke die kleinen Baggerseen, aus
denen Sand für die Betonwerke gewonnen wurde.
Unterhalb der Stadt lagen an der Saône Grünanlagen und Ausflugslokale,
alles sehr schön gepflegt.
Alles war vorbereitet für das Mittagsessen, aber für uns ging es weiter.
Um 10:30 lag Trevaux vor uns, der letzte Ort auf meiner
Liste mit möglichen Übernachtungspunkten vom Vortag.
Ein schöner Ort mit einem kleinen Anleger an einem Campingplatz.
In Neuville-sur-Saône wurden die Häuser immer farbenprächtiger.
Und dann war es soweit, die Schleuse Couzon lag vor uns, die letzte
Schleuse auf der Saône und die letzte Schleuse vor der Rhône.
Ralph lag schon im Wartebereich der Schleuse, als wir eintrafen.
Die Stadt Couzon au Mont d´Or ist wohl vielen Gourmets weltweit bekannt,
hier hat Paul Bocuse sein hochgepriesenes Restaurant.
Vor der Ile Roy trieb eine Gasflasche in der Saône.
Wer die wohl verloren hat ? Oder wie lange die schon in der Saône trieb
und unterwegs ist ?
Das sah etwas nach einer alten Klosteranlage aus.
Ab dieser Höhe waren wir im Stadtgebiet von Lyon unterwegs.
An den nun folgenden Quaianlagen lagen die ersten Wohnpenichen.
Der Ufergürtel war immer noch sehr grün und dicht bewaldet, aber langsam
ragten die ersten Hochhäuser auf den Hügeln empor.
Jetzt waren wir devinitiv im Zentrum von Lyon angelangt.
Ralph hatte in der Zwischenzeit die Fahrt herausgenommen um wie wir das
Panorama zu geniessen.
An Backbord lagen ältere Häuser aus der Gründerzeit dicht an dicht
gedrängt, mit unterschiedlichem Baustil und verschiedenen Frontbreiten,
je nachdem, was das Geld hergab . . .
Am Palais de Justice nahm Ralph die Fahrt heraus, es hatte etwas
gesehen, das ich von meiner Position aus noch nicht sehen konnte.
Und unmittelbar dahinter kam ein Hotelschiff um die Ecke.
Da hatten wir keine Chance und blieben auf unserer Höhe, um den Koloss
die Vorbeifahrt zu gestatten.
Der Gare de Perrache als zentraler Hauptbahnhof in Lyon lag auf dem
schmalen Inselstreifen, der zwischen der Rhône und der Saône hier
verblieben ist.
Die Autobahn führt hier durch einen langen Tunnel unter dem Bahnhof und
der Saône hindurch.
Dort sind wir oft genug lang gefahren.
Und dann bog Ralph in die unscheinbare Hafeneinfahrt hinein, wir waren
angekommen.
Und das tollste dann beim Einchecken im Hafenbüro:
Am Wochenende war das Fest Pardon de Mariner, daher könnte es etwas
lauter werden durch Musik und Veranstalltungen, deswegen war der Platz
an diesen Wochenende kostenlos.
Gegen 18 Uhr legte dann das Bateau Chapelle vor uns an, von dort aus
sollte am Sonntag der Gottesdienst erfolgen.
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Draußen auf der Saône waren wir erst einmal alleine unterwegs, bis von
oben ein Küstenmotorschiff um die Flussinsel gefahren kam.
Für uns ging es geradeaus Richtung alter Brücke, die Berufsschiffer
müssen in einen Umleitungskanal, da die Brücke im Zentrum von Macon zu
niedrig ist.
Unten am schönen Stadtanleger waren natürlich alle Plätze frei,
unterhalb lag die SCENIC EMERALD und wartete auf ihre Weiterfahrt.
Am Stadtanleger hatten wir bei unserem ersten Besuch in Macon sehr schön
gelegen, allerdings gibt es hier keinen Stromanschluss.
Also Fahrt herausnehmen und die ANDRE-MICHEL vorbei lassen.
Der Klügere ( und Schwächere ) gibt besser nach.
Südlich von Macon veränderte sich der Baustil, wie hier in
Creches-sur-Saône, deutlich ins Mediterrane, obwohl wir noch weit davon
entfernt waren.
Die Hausdächer wurden sichtbar flacher.
Die Saône bekam immer wieder mal Zuläufe von links oder rechts und wurde
deutlich breiter, die Strömung veränderte sich aber nicht dadurch.
An der Engstelle vor der Île des Chanillons kam uns ein größeres
Hotelschiff, die EXCELLENT RHÔNE, entgegen, das aber auf Grund der
Flussbiegung langsamer fahren musste.
So wurden wir nicht ganz so ungemütlich durchgeschaukelt . . .
1,5 Stunden nach unserer Abfahrt aus Macon erreichten wir die Schleuse
Dracé.
Über Funk konnte ich im Vorfeld mitbekommen, das erst ein kleineres
Hotelschiff aus der Schleuse kam, bevor die ANDRE-MICHEL zu Tal
geschleust werden konnte.
Und dahinter lag die OLIMAR, die dort schon eine Weile warten musste,
sie war gut eine Stunde vor uns in Macon losgefahren.
Das war das erste Mal mit einem größerem Schiff in der Schleuse und ich
hatte da meinen Respekt vor.
Helga wurde noch einmal instruiert, notfalls Tau und Schiff zu vergessen
und das Seil sausen zu lassen als sich übermutig wie sonst an die Poller
zu werfen.
Aber die Bedenken waren unbegründet, die Schleusung verlief ganz langsam
und sachte, das hatte ich mir etwas heftiger vorgestellt.
Die OLIMAR lief zuerst aus der Kammer, so wie wir auch angekommen waren.
Ich habe ihr nur keine Stunde Vorsprung gegeben, grins.
Die MOLLY, ein altes Tamaris-Mietboot, das früher bei uns im Hafen von
Savoyeux lag, kam eine halbe Stunde später bei uns vorbei gefahren.
Wir hatten sie am Vortag in Macon getroffen, sie hatten auch den Hafen
gewechselt und liegen nun in Pont de Vaux.
Man begegnet sich immer wieder.
Der Sandverlader war das zweite Objekt neben dem Anleger, den man von
Belleville sehen konnte, mehr war da nicht.
Da hatten wir uns Belleville schöner vorgestellt.
Es war zwar erst kurz nach 14:30, aber der Platz gefiel uns gut und die
OLIMAR und die MOLLY lagen bereits am Steg, also gesellten wir uns dazu.
Und wer weis letztendlich, ob wir an den nachfolgenden Haltepunkten
einen guten Platz gefunden hätten.
. . . oder mal zu Berg.
Einmal rauschte ein Frachter so am Anleger vorbei, das ein nur mäßig
festgemachtes Boot, das zuvor noch eingetroffen war, sich losriss. Ein
Tau war glatt durchgerissen.
Da die Crew in der Stadt unterwegs war machte ich mich daran das Boot
wieder zu sichern. Der Schiffer der OLIMAR half mir dabei, das
durchgerissene Stromkabel legte ich allerdings nur ins Boot, das wollte
ich nicht auch noch flicken.
Oben in der Stadt waren übergroße Blumentöpfe als Blumenkübel
aufgestellt, sah irgendwie lustig aus.
Die schöne alte Hängebrücke über die Saône war wohl in die Jahre
gekommen und den Schildern nach zuerst in Gewicht eingeschränkt worden,
nunmehr war sie komplett für den Verkehr gesperrt.
Schade eigentlich.
Die anliegenden Häuser waren alle sehr schön hergerichtet.
Aufwendig war hier zum Beispiel die Einfahrt aus Kieselsteinen.
Das war bestimmt eine Heidenarbeit gewesen die Steine so zu verlegen.
Ein letzter Blick für heute auf den Anleger, von vorne nach hinten
liegen hier die OLIMAR, gefolgt von der INGRINE und der MOLLY.
Das andere Boot , das sich vorhin losgerissen hatte, war wieder
weitergefahren.
Es wurde nicht vermisst, da es in der Zwischenzeit ständig einen
leichten Ölfilm im Wasser verursachten.
Nach zwanzig Minuten, die Kaffeemaschine war noch nicht ganz durch, kam
bereits der erste Frachter angefahren.
In der letzten Nacht müssen uns etwas 3 oder 4 Schiffe passiert haben,
man hat das gar nicht mehr richtig wahrgenommen.
Und so ging es dann mit Ralph und Anita weiter Richtung Süden.
Ralph war mit der OLIMAR vorgefahren und wir kamen mit der Ingrine in
kurzem Abstand nach.
In den Gärten konnte man die ersten Pinien erblicken, neben dem Baustil
auch ein Zeichen für den näher kommenden Süden von Frankreich.
Kurz vor halb Zehn kam Villefranche-sur-Saône in Sicht, einer der ersten
richtig größeren Vororte von Lyon.
Die Pont Saint Bernard querte die Saône und war etwas imposanter als die
kleinen alten Hängebrücken, die hier größtenteils den Fluss
überspannten.
Der Ortskern lag an einem Hang oberhalb der Saône.
Im Flussführer kam der handschriftliche Vermerk "gut & schön" an den
Anlegepunkt, es gibt ja auch noch die Rückfahrt.
Heute war hier Markttag, aber wir hatten ein anderes Ziel, das uns
unaufhaltsam näher kam.
Ab hier sind wir im Stadtgebiet von Lyon, wenn auch nur in den Vororten.
Besonderheit für die Fahrt : Funk Kanal 18 ist im Stadtgebiet
vorgeschrieben, bei erhöhtem Wasserstand ist eine Ampelregelung zu
beachten.
Da ich zwei Funkgeräte an Bord mitführe, konnte ich die Schleuse Couzon
und später Kanal 10 auf dem zweiten Gerät mithören.
Das nächste Stück der Strecke gehört noch zu den Vororten, die Bebauung
ist vom Fluss ins Hinterland gewichen, viele Parkanlagen und Grün säumen
den Weg.
Auf der Ile Roy waren einige schöne alte Häuser zu sehen.
Nach der Passage kam uns unterhalb ein erstes Ausflugsschiff entgegen.
Dahinter kam die Anfahrt zur Ile de Barbe.
Die neue Brücke Croix Rouge kam in Sicht, dahinter beginnt bei erhöhtem
Wasserstand die Einbahnregelung per Ampelanlage.
Uns blieb zum Glück die Warterei erspart.
Nach der Flussbiegung lag das erste Highlight vor uns :
Die Baselique Notre Dame de Fourviere und der Sendeturm, der etwas vom
Eiffelturm an sich hatte.
Ein Blick zurück auf die Häuserzeilen oben auf den Hügeln.
An der Pont de Feuillée kam uns das neue Taxiboot entgegen, das seit
einiger Zeit zwischen dem Stadtzentrum und dem neuen Hafen Port
Confluenz verkehrt.
Und tatsächlich, von unten kam uns ein Frachter entgegen, der wegen der
niedrigen Brückenbögen die Mitte der Brücke und der Saône benutze.
So richtig wollte sich der Beton nicht durchsetzen, überall quoll das
Grün zwischen den Häusern durch.
So hatte ich Lyon nicht in Erinnerung.
Das neue Stadtteil Confluenz, das auf einer alten Industriebrache
angelegt wurde, kam in Sicht.
Futuristische Häuser wie die Gerry-bauten bei uns in Düsseldorf.
Durch meine telefonische Anmeldung hatten wir eine Platzreservierung im
Zentrum von Lyon erhalten.
Wir waren schön in der Mittagszeit dort eingetroffen und konnten so den
Nachmittag noch voll genießen.
Später wurden dann weitere Boote in den Hafen verlegt und geschmückt,
zum Fest sollte alles schön aussehen.
Und das VnF-Schiff LE RHÔNE legte kurze Zeit danach hinter dem
Kirchenschiff im Hafen an. |